Unconscious Bias einfach erklärt – Definition, Ursachen und Auswirkungen

Haben Sie sich jemals gefragt, warum Sie in einem Bewerbungsgespräch spontan jemanden bevorzugen, der den gleichen Musikgeschmack wie Sie hat? Oder warum Ihnen eine Kollegin sympathischer erscheint, die zufällig auch Tee statt Kaffee trinkt? Dies sind klassische Beispiele für Unconscious Bias bzw. unbewusste Voreingenommenheit, die unsere Entscheidungen und Urteile beeinflussen können, ohne dass wir es überhaupt bemerken.

Unbewusste Voreingenommenheiten stammen meist aus unserer Evolution und dienen dazu, die Komplexität unseres Alltags zu reduzieren. Doch diese psychologischen Verzerrungen haben oft tiefgreifende Auswirkungen. Zum Beispiel zeigt die Anwendung des Stereotype Content Model (SCM) von Amy Cuddy und Susan Fiske, dass bestimmte Gruppen, wie reiche Menschen oder Asiaten in den USA, als „kalt aber kompetent“ eingestuft werden, was zu Diskriminierung führen kann.

In diesem Artikel erfährst du, wie und warum es zu Unconscious Bias kommt, welche Auswirkungen er auf unsere Entscheidungen hat und was man tun kann, um ihn zu erkennen und zu bekämpfen. Denn Diversität und Inklusion sind nicht nur Schlagworte, sondern essenzielle Bausteine für eine gerechtere Gesellschaft.

Unconscious Bias: Eine Definition

Unconscious Bias, zu Deutsch unbewusste Voreingenommenheit, bezeichnet ein Phänomen, bei dem unser Gehirn aufgrund tiefer verwurzelter gesellschaftlicher und kultureller Prägungen und Erfahrungen mentale Abkürzungen nimmt. Diese kognitive Verzerrung tritt automatisch und ohne bewusste Entscheidungsprozesse auf, wenn wir Menschen oder Situationen beurteilen. Eine Definition Unconscious Bias klingt technisch, aber die Auswirkungen sind es nicht – sie sind überall um uns herum zu spüren, von der Arbeitsplatzgestaltung bis hin zu sozialen Interaktionen.

Einer der gravierendsten Effekte ist die soziale Diskriminierung, die aus unbewussten Vorurteilen resultiert. Dies führt dazu, dass Menschen oft nicht in ihrer Individualität wahrgenommen werden, sondern durch die Linse von Stereotypen betrachtet werden. Ein Klassiker ist das Vorstellungsgespräch: Oft bevorzugen wir unbewusst Bewerber, die uns ähneln oder bekannte Eigenschaften aufweisen, ein Prozess, der Affinity Bias genannt wird. Dies kann die Diversität im Team beschränken und die Chancengleichheit beeinträchtigen.

Um diese Stereotype zu identifizieren, ist es wichtig, sich der typischen Muster bewusst zu werden. Kognitive Verzerrungen wie der Halo-Effekt, bei dem eine positive Eigenschaft einer Person alle anderen positiven Annahmen über diese Person verstärkt, oder der Horn-Effekt, bei dem eine negative Eigenschaft alle anderen negativen Annahmen verstärkt, sind weit verbreitet. Ebenso häufig ist der Bestätigungsfehler, bei dem wir Informationen suchen, die unsere bestehenden Meinungen bestätigen, und andere Fakten ignorieren oder abwerten.

Gravierend ist auch, dass Studien zeigen, dass fast zwei Drittel der Beschäftigten über 50 Jahre der Meinung sind, dass ältere Mitarbeiter wegen ihres Alters diskriminiert werden. Darüber hinaus verdienen als attraktiv eingestufte Kandidaten bis zu 15 % mehr als ihre als weniger attraktiv wahrgenommenen Kollegen. Dies deutet darauf hin, dass Schönheitsvorurteile tief verwurzelte kognitive Verzerrungen sind, die unverkennbar soziale Diskriminierung begünstigen.

Wie entstehen unbewusste Voreingenommenheiten?

Unbewusste Voreingenommenheiten sind tief in unserem Denken verankert und haben ihre Wurzeln in der Evolution menschlichen Verhaltens. Diese Voreingenommenheiten ermöglichen es uns, schnell auf neue Informationen zu reagieren, indem wir diese in Kategorien einordnen. Doch wie genau entstehen diese Biases, und welche Rolle spielen Stereotype und kognitive Verzerrungen?

Die Rolle der Evolution

Die Entstehung Unconscious Bias ist eng verwoben mit der Evolution menschlichen Verhaltens. In der Urzeit war es entscheidend, schnell zwischen Freund und Feind unterscheiden zu können. Diese Fähigkeit, die zu unserem Überleben beitrug, hat sich im Gehirn verfestigt. Heute beeinflusst sie unser Denken und Handeln, oft unbewusst und basierend auf tief verwurzelten Mustern.

Kognitive Verzerrungen und Stereotype

Kognitive Verzerrungen entstehen durch Einflüsse der Umgebung und von Stereotype Psychologie. Stereotype, die wir über die Lebenszeit ansammeln, können sowohl bewusst als auch unbewusst aktiviert werden. Diese Stereotype formen die Basis unserer Vorurteile und wirken sich auf unsere Wahrnehmung, Erinnerung und Urteile aus. In der Praxis bedeutet dies, dass unbewusste Vorurteile oft über Bewerbungseinladungen, Redezeiten und Beförderungen entscheiden – mit teils erheblichen Konsequenzen.

Nachfolgend finden Sie eine Übersicht der betroffenen Charakteristiken und die Auswirkungen von Unconscious Bias:

Diese unbewussten Biases basieren auf Erfahrungen und den damit verbundenen Assoziationen, die unser Verhalten nachhaltig beeinflussen. Sie können zu einer vorurteilsbehafteten Unternehmenskultur führen, was sich negativ auf die Mitarbeiterzufriedenheit und das Employer Branding auswirken kann. Es liegt an uns, diesen Voreingenommenheiten bewusst entgegenzutreten.

Beispiele für Unconscious Bias im Alltag

Unconscious Bias durchdringt fast alle Alltagssituationen, sei es im Beruf oder in sozialen Interaktionen. Ihre Auswirkungen sind oft subtil, aber weitreichend. Vielfach unbemerkt steuern sie unsere Entscheidungen und Wahrnehmungen, was zu Benachteiligungen und Ungerechtigkeiten führen kann.

Unbewusste Vorurteile im Berufsleben

Im Berufsleben können Unconscious Bias Beispiele zahlreiche Formen annehmen. Eine der größten Herausforderungen stellt der Similarity Bias dar, bei dem Personen bevorzugt werden, die uns ähnlich sind. Dies schließt ähnliche Hintergründe, Interessen oder Denkweisen ein. Eine Studie zeigt, dass Bewerberinnen, die ein Kopftuch tragen, seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden als solche mit typischen westlichen Namen. Dabei spielen häufig der Halo Effekt und der Horns Effekt eine Rolle. Der Halo Effekt führt zu verzerrten Wahrnehmungen aufgrund oberflächlicher Attribute, während der Horns Effekt negative Assoziationen überbetont.

Weiterhin beeinträchtigt das Groupthink Bias die Vielfalt der Perspektiven innerhalb eines Teams, da abweichende Meinungen unterdrückt werden. Das In-Group Bias begünstigt Personen aus der eigenen Gruppe, was Entscheidungsträger oft unbewusst tun. Diese Vorurteile am Arbeitsplatz behindern nicht nur die Talententwicklung, sondern verstärken auch bestehende soziale Diskriminierung Beispiele.

Voreingenommenheit in sozialen Interaktionen

Auch in sozialen Interaktionen sind Vorurteile allgegenwärtig. Ein treffendes Beispiel ist der Confirmation Bias, bei dem Menschen Informationen suchen, die ihre vorgefassten Meinungen bestätigen. Dies kann zu einer verzerrten Wahrnehmung und Behandlung von Personen führen, basierend auf Geschlecht, Aussehen oder äußeren Merkmalen. Das In-Group Bias führt wiederum dazu, dass Mitglieder der eigenen sozialen Gruppe bevorzugt und Andersartige benachteiligt werden. Zusammen tragen solche Mechanismen zur sozialen Diskriminierung bei, wie zahlreiche Studien bestätigen.

Unconscious Biases haben erhebliche Auswirkungen auf das zwischenmenschliche Verhalten und die gesellschaftlichen Strukturen. Es ist unerlässlich, diese unbewussten Tendenzen zu erkennen und zu mindern, um eine gerechte und inklusive Gesellschaft zu fördern.

Die Auswirkungen von Unconscious Bias auf unsere Entscheidungen

Unconscious Bias haben einen großen Einfluss darauf, wie wir Informationen verarbeiten, entscheiden und handeln. Studien belegen, dass Verzerrungen im Urteilsvermögen bei der Entscheidungsfindung eine erhebliche Rolle spielen. Solche Verzerrungen können die Objektivität und Fairness bei der Beurteilung von Personen und Sachverhalten beeinträchtigen und dazu führen, dass qualifizierte Individuen aufgrund impliziter Stereotype benachteiligt werden.

Eine Studie der Harvard Business Review und der University of Chicago schätzt, dass die Unzufriedenheit der Mitarbeiter aufgrund unbewusster Vorurteile Unternehmen in den USA jährlich 450 bis 550 Milliarden Dollar kostet. Diese Auswirkungen unbewusster Vorurteile erstrecken sich auch auf die Rekrutierung und Einstellung, indem Kandidaten ausgewählt werden, die den bestehenden Stereotypen entsprechen, und somit Diversität und Innovation behindert werden.

Zu den erheblichen Herausforderungen zählt auch die Kommunikation am Arbeitsplatz, die durch unbewusste Vorurteile oft zu Missverständnissen führt. Solche Verzerrungen im Urteilsvermögen können das Arbeitsklima vergiften, die Mitarbeiterzufriedenheit mindern und die Fluktuation erhöhen. Ein negatives Arbeitsumfeld hat weitreichende Konsequenzen für die Organisationsleistung und Karriereentwicklung der Mitarbeiter.

Unbewusste Vorurteile verhindern außerdem die Förderung von Diversität und Inklusion, indem sie eine homogene Kultur aufrechterhalten und vielseitige Perspektiven und Ideen begrenzen. Interessanterweise zeigen Untersuchungen, dass diverse Teams innovativer und profitabler sind, was verdeutlicht, wie wertvoll verschiedene Sichtweisen im Arbeitsumfeld sein können.

Unsere unbewussten Vorurteile beeinflussen oft die Leistungseinschätzungen von Mitarbeitern. So werden Vollzeitbeschäftigte oft als fähiger und engagierter wahrgenommen als Teilzeitbeschäftigte, was die Leistungsbewertung verzerren kann. Ebenso zeigt der Mini-Me-Effekt, dass Führungskräfte oft diejenigen bevorzugen, die ihnen ähnlich sind, was zu verpasstem Potenzial führen kann.

Unbewusste Vorurteile können auch den Teamgeist und die Zusammenarbeit negativ beeinflussen. Führungskräfte, die die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter aufgrund von Stereotypen nicht richtig einschätzen, verpassen Chancen zur optimalen Nutzung des Mitarbeiterpotentials. Folglich können sich unbewusste Vorurteile nachteilig auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Arbeitsplatzkultur auswirken.

Um diese Probleme zu bewältigen, ist es unerlässlich, ständige Reflektion und Anpassung der Diversitätsniveaus innerhalb der Teams zu fördern. Ein gezielter Fokus auf die positiven Aspekte von Verschiedenheit, anstatt nur Quoten zu erfüllen, kann zu besseren und ausgewogeneren Entscheidungen führen.

Strategien zur Reduktion von Unconscious Bias

Unbewusste Vorurteile spielen in vielen Lebensbereichen eine bedeutende Rolle. Von der Personalentscheidung bis hin zu alltäglichen Interaktionen – es gibt zahlreiche Situationen, in denen unbewusste Voreingenommenheiten unsere Entscheidungen beeinflussen, und dies oft sogar ohne unser Wissen. Doch wie können wir diesen Unconscious Bias Reduzierung entgegenwirken? Hier sind einige bewährte Strategien.

Bewusstseinsbildung und Reflexion

Ein erster und essenzieller Schritt zur Unconscious Bias Reduzierung ist die Bewusstseinsbildung. Schulungen und Reflexionen helfen uns, unbewusste Vorurteile zu erkennen und zu verstehen. Wenn wir uns unserer eigenen Voreingenommenheiten bewusst sind, können wir aktiv dagegen steuern. Studien, wie die von Eagly et al. (2019), zeigen, dass Männer oft als „durchsetzungsfähig“ und „entscheidungsfreudig“ wahrgenommen werden, während Frauen „mitfühlend“ und „teamorientiert“ gesehen werden. Solche Reflexionen können dazu beitragen, diese Stereotype zu hinterfragen.

Schulungen und Workshops

Ein weiteres wirksames Mittel sind gezielte Schulungen und Diversity Training. Solche Angebote sensibilisieren nicht nur für das Thema, sondern bieten auch konkrete Werkzeuge und Maßnahmen zur Reduktion von Unconscious Bias. Zum Beispiel zeigen Studien, dass unbewusste Voreingenommenheiten 80% der Einstellungsentscheidungen beeinflussen (Dormsch et al., 2019), was die Notwendigkeit solcher Trainings verdeutlicht.

Strukturelle Änderungen in Organisationen

Um langfristige Ergebnisse zu erzielen, sind auch strukturelle Änderungen innerhalb der Organisation notwendig. Dies kann die Einführung objektiverer Systeme und Prozesse bei Personalentscheidungen sowie das Setzen klarer Diversitätsziele umfassen. Eine Untersuchung von Clark (2014) zeigt, dass Männer bereits bei Erfüllung von 60% der Anforderungen eine Bewerbung einreichen, während Frauen erst bei über 90% der erfüllten Kriterien zum selben Schritt bereit sind. Solche strukturellen Anpassungen können gleiche Chancen fördern und unbewusste Vorurteile minimieren.

Warum es wichtig ist, Unconscious Bias zu erkennen und zu bekämpfen

Das Bewusstsein für und die Bekämpfung von unbewussten Vorurteilen, auch bekannt als Unconscious Bias, ist essenziell, um eine faire und gerechte Gesellschaft zu fördern. Laut der Harvard Business Review/University of Chicago verursachen unbewusste Voreingenommenheiten Unternehmen in den USA jährlich Kosten zwischen 450 bis 550 Milliarden Dollar durch die Unzufriedenheit der Beschäftigten. Dies zeigt die unbestreitbare wirtschaftliche Relevanz von Unconscious Bias.

Unbewusste Voreingenommenheit beeinflusst unsere Entscheidungsfindung und kann zu einer Verzerrung im Umgang mit Mitarbeitenden führen, was eine ungerechte Behandlung und eine Beeinträchtigung der Leistung zur Folge hat. Barrieren und Missverständnisse in der Kommunikation, die aus Vorurteilen entstehen, führen zu Ausgrenzung und ungleicher Beteiligung an Diskussionen und Entscheidungsprozessen. Um soziale Gerechtigkeit sicherzustellen, ist es daher notwendig, diese Vorurteile bewusst anzugehen und aufzulösen.

Ein inklusives Arbeitsumfeld kann durch Sensibilisierung, Schulungen und Programme geschaffen werden. Unternehmen, die sich aktiv mit unbewussten Vorurteilen beschäftigen, fördern nicht nur Diversität und Inklusion, sondern auch Innovation und Wachstum. Studien zeigen, dass Teams in Unternehmen mit hoher Vielfalt erfolgreicher sind. Dennoch haben viele Firmen Schwierigkeiten, dieses Ziel zu erreichen. Eine umfassendere Erkennung und Bekämpfung von Unconscious Bias kann daher einen entscheidenden Unterschied machen.

Die persönliche und zwischenmenschliche Entwicklung spielt auch eine große Rolle. Vorurteile können die Arbeitsmoral und die allgemeine Zufriedenheit der Mitarbeitenden beeinträchtigen und zu einem toxischen Arbeitsumfeld führen. Durch die Förderung einer Kultur der Empathie und Offenheit können diese negativen Auswirkungen gemildert werden. Es ist daher klar, dass die Bekämpfung von Unconscious Bias nicht nur zur individuellen, sondern auch zur kollektiven Verbesserung beiträgt.

Manuela

Manuela Schiemer beschäftigt sich seit über 8 Jahren intensiv mit Psychologie. Ihre Leidenschaft liegt darin, psychologische Mechanismen und die Beweggründe hinter menschlichem Verhalten zu erforschen. Derzeit arbeitet sie an ihrem ersten Buch, das sich mit kognitiven Verzerrungen (Biases) auseinandersetzt und spannende Einblicke in unbewusste Denkprozesse bietet.